Ludwigs
Burg
Festival

Das andere Lied von der Erde

Ein Projekt für Fotografie und Musik

So wie Mahlers »Lied von der Erde« der Poesie von Hans Bethge eine neue Bedeutung gab, eröffnet die Synthese mit den Fotografien von J Henry Fair ebenso eine neue Dimension. Mit seiner Arbeit unterstreicht der Fotograf und Umweltaktivist: Die Erde ist in Gefahr, weil der Mensch selbst seine Welt rücksichtslos zerstört. Während das Orchester Mahlers Werk spielt, werden die Fotos von J Henry Fair großflächig projiziert. Es entsteht ein neues Medium – ein interaktiver Raum, der nicht nur auf die Wunden hinweist, sondern auch zum aktiven Handeln auffordert. 

Der Glaube, dass die Erde und die Götter den Menschen freigiebig und wohlwollend versorgen, ist seit jeher Thema in Kulturen und Religionen. Auch Gustav Mahler griff es in seinem »Das Lied von der Erde« auf. Basierend auf der Dichtung Hans Bethges, die ihrerseits auf chinesische Gedichte zurückgeht, erschuf der Komponist ein Werk voller Weltschmerz, das gleichzeitig auch das genaue Gegenteil vermittelt: Nämlich die Schönheit des Lebens und das Vertrauen in die Zukunft.


Mit Schrecken und Schönheit spielt auch die kontrastreiche Arbeit von J Henry Fair. Denn wie Musik unsere Seelen zum Schwingen bringen kann, kann es auch die Fotografie. Gemeinsam können beide Medien zur emotionalen Öffnung der Gesellschaft beitragen, noch tiefer als es der Intellekt allein vermag. Davon ist der Künstler überzeugt. Es ist die Schönheit seiner Bilder, die zunächst die Aufmerksamkeit auf sich zieht und sich der vollen Hingabe von Form und Muster anbietet. Doch bei näherer Betrachtung entdeckt man Düngemittel, die die Erde färben. Bagger, die bizarre Muster erzeugen, und bunte Flüsse aus Giftmüll. Plötzlich werden abstrakte Muster und verspielte Farben mit einer schockierenden Realität verknüpft. Spätestens jetzt ist es nicht mehr möglich, sich abzuwenden und das Gesehene zu vergessen. J Henry Fair verfolgt damit ein klares Ziel, nämlich die Betrachter*innen seiner Kunst mit einer drängenden Frage zurückzulassen: Was kann ich tun?


Die Idee hinter seinem »Different Song of the Earth« ist es, die verschiedenen Formen der Kunst –Musik, Fotografie und Text – so zu verbinden, dass sie miteinander sprechen und neue Interpretationswege eröffnen, um der eigenen Sterblichkeit ins Auge zu sehen. Letztlich geht es um Hoffnung: In einer Welt, die zunehmend von industrieller Umweltverschmutzung und Raubbau überwältigt wird, kommt durch seine Synthese von Fotografie und Musik ja vielleicht eine kollektive Handlung zustande. Denn wenn die Auswirkungen unserer verschiedenen Aktivitäten verstanden und anerkannt werden, wächst auch das Bewusstsein über das, was wir ändern müssen. Im Kollektiv lässt sich Großes erreichen.


Im Interview mit unserem Intendanten Jochen Sandig spricht der Fotograf und Umweltaktivist J Henry Fair über die Entstehung seiner Multimedia-Präsentation »Das Lied von der Erde for the 21st Century«, über seine Bemühungen, einen nachhaltigeren Lebensstil umzusetzen und über die Hoffnung, die ihm die Protestaktion im Hambacher-Forst gemacht hat.


Am 6. Mai 2021 wurde sein Werk auch Teil der »Fest Spiel Ouvertüre«. Die Produktion der Ludwigsburger Schlossfestspiele wird um 20:00 Uhr live aus dem Forum im Schlosspark bei ARTE Concert und auf unsere Digitale Bühne übertragen.