Ludwigs
Burg
Festival

Germaine Acogny für ihr Lebenswerk ausgezeichnet

Goldener Löwe der Tanzbiennale Venedig

Die Begründerin des zeitgenössischen »African Dance« engagiert sich seit Jahrzehnten für die Vertiefung und Verbreitung des Afrikanischen Tanzes. Seit den 1960er-Jahren verwirklicht und manifestiert Germaine Acogny ihre Vision und bereichert die afrikanische – und schließlich die internationale – Tanzwelt als Tänzerin, Lehrerin und Mentorin. Die Tanzbiennale Venedig würdigt ihr Lebenswerk nun mit dem Goldenen Löwen. In Vorfreude auf das diesjährige »Sacre«-Projekt gratulieren wir!

In ihrer Kindheit wusste Germaine Acogny bereits, dass sie Tanz lernen und lehren möchte. Jedoch gab es in den 1940ern und -50ern in ihrem Heimatland Senegal ebenso wenig eine Tanzschule wie auf dem restlichen Kontinent. Bevor sie diesen Umstand 1968 mit ihrem ersten Tanzstudio in Dakar änderte, studierte sie an der École Simon Siegel in Paris. Gemeinsam mit ihrem Mann Helmut Vogt gründete sie Mitte der 1980er-Jahre das Studio-École-Ballet-Théâtre du 3è Monde in Toulouse und etablierte ihre okzidental-afrikanische Perspektive und somit Stilistik in den westlichen Tanzbreitengraden. Acogny erlangte Ansehen und Bekanntheit durch ihre Technik des zeitgenössischen Afrikanischen Tanzes – als dessen Mutter sie sich beschreibt –, in dem sie ihre Einflüsse aus Yoruba-Kreisen, traditionellem afrikanischen und traditionellem europäischen Tanz sowie Modern Dance verarbeitet. In ihrem »African Dance« steckt aber mehr als eine reine Fusion verschiedener Erfahrungen: Er ist symptomatisch für ihre Vision, den Afrikanischen Tanz auf seinem eigenen Kontinent zu emanzipieren und damit in den internationalen Austausch zu gehen. Eine solche Emanzipierung ist nur in der Vernetzung und Professionalisierung diverser afrikanischer Tänzer*innen möglich. So kehrte Germaine Acogny 1995 schließlich in den Senegal zurück und begründete mit ihrem Mann die École des Sables, die nun schon seit einigen Jahrzehnten Tänzer*innen aus verschiedenen Teilen Afrikas im traditionellen und zeitgenössischen Afrikanischen Tanz ausbildet und einen Ort des künstlerischen Austausches und Forschens darstellt.


Wegen ihrer Grenzen und Ozeane überschreitenden Technik, ihrer Vision und Herausbildung eines autonomen Afrikanischen Tanzes und wegen ihres pädagogischen, künstlerischen und schließlich auch kunstpolitischen Einsatzes ist Acogny eine international gefragte Persönlichkeit. Bei den Schlossfestspielen 2021 ist sie bei Pina Bausch Sacre sowohl selbst als auch mit ihrer École des Sables vertreten. Mit dem Duett »common ground[s]«, in dem sie und Malou Airaudo sich mit ihren Geschichten und emotionalen Erfahrungen auseinandersetzen, antwortet Germaine Acogny auf Pina Bauschs Choreografie zu »The Rite of Spring«, die von Tänzer*innen aus 14 afrikanischen Ländern interpretiert wird. Dieses Projekt reiht sich in ihre Mission des Austauschs ein und bringt eine neue Perspektive nach Ludwigsburg.


Die Tanzbiennale Venedig würdigt dieses inspirierende Lebenswerk nun mit dem Goldenen Löwen. Wir gratulieren herzlich zu dieser Auszeichnung und freuen uns, sie bei den Schlossfestspielen 2021 zu Gast zu haben!